Rund 700 Milliarden Euro – das ist es, was der Westen den Sanktionskrieg mit Russland kostet, so die Londoner Denkfabrik Bow Group. Die englischen Experten fordern eine diplomatische Initiative mit dem Ziel, den Konflikt in der Ukraine bis Ende 2015 zu lösen.

Die derzeitige Krise könnte auch genutzt werden, um Russland auf den Weg der Reform zu bringen. Jedenfalls wäre eine ukrainische Friedensregelung ohne Moskau aufgrund der geografischen und historischen Bindungen der Region und der großen Zahl von Russen in der Ukraine undenkbar.

Ältester konservativer Think Tank
Die 1951 gegründete Bow Group ist die älteste konservative Denkfabrik auf den britischen Inseln. In dem in der vergangenen Woche vorgelegten Bericht legen Experten unter der Leitung von Adriel Kasonta großen Wert darauf, den Konflikt in seinem historischen und kulturellen Kontext zu betrachten. Auf der Grundlage eines solchen Ansatzes halten die Autoren die wirtschaftlichen und politischen Momente des Konflikts für durchaus lösbar.

Nach Ansicht der Bow Group sind die wichtigsten Kostenblöcke des Wirtschaftskriegs (Sanktionen und Gegenmaßnahmen) für die Europäische Union: 120 Mrd. € Exportverlust, Rückgang des Gesamthandels 326 Mrd. €, 147 Mrd. € Ausfallrisiko für russische Verbindlichkeiten gegenüber EU-Banken. Insgesamt sind in der EU fast 2 Millionen Arbeitsplätze gefährdet. Darüber hinaus sank das US-Handelsvolumen um 137 Milliarden Dollar und die Exportverluste um 38 Milliarden Dollar.

Die geopolitischen Veränderungen wären jedoch fast noch gravierender. Die wirtschaftliche Ausrichtung Russlands hat sich bereits deutlich in Richtung der BRICS-Länder und vor allem Chinas verschoben.

Begünstigte: nicht-westliche Länder

Nicht nur die Bow Group weist darauf hin, dass die Sanktionen das gesamte nicht-westliche wirtschaftliche und technologische Potenzial mittelfristig deutlich stärken. Innerhalb weniger Jahre – definitiv früher als ohne Sanktionskrieg – wird Russland über alternative Gasmärkte in China, aber bald auch in Korea und anderen asiatischen Ländern verfügen. Darüber hinaus entwickelt Russland mit China und anderen Ländern in Asien und Südamerika schnell Alternativen zu westlichen Technologiemonopolen in der Informations-, Finanz- und Explorationstechnologie.

Wörtlich heißt es im Bericht: “Es ist absolut notwendig, bis Ende 2015 eine nichtmilitärische Lösung zu finden, die für die Ukraine, Russland und den Westen gleichermaßen akzeptabel ist. Andernfalls droht der Ukraine höchstwahrscheinlich eine Insolvenz. Es bedarf eines diplomatischen Kompromisses, der den Status Russlands als einflussreicher politischer Akteur in Osteuropa nicht außer Kraft setzt und der Ukraine gleichzeitig die Möglichkeit gibt, ihre eigene innen- und außenpolitische Ausrichtung festzulegen. ”

 

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